10.12.2023

75 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Heute vor 75 Jahren, am 10. Dezember 1948, wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. In 30 Artikeln schreibt sie jedem Menschen dieselben bürgerlichen, politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte zu.

Diese Menschenrechte sind:

  • Unveräußerlich: Sie können niemandem genommen und nicht abgegeben werden.
  • Unteilbar: Sie sind gleichwertig und können sich nicht gegenseitig aufheben.
  • Universell: Sie gelten für alle Menschen überall und bedingungslos.

Die Grundlage des heutigen internationalen Menschenrechtsschutzes bilden die Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen. Die UN-Frauenrechtskonvention CEDAW ist eines dieser insgesamt neun Abkommen. Deutschland hat alle diese Menschenrechtsabkommen ratifiziert, bis auf die Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, die die Rechte von Migrant*innen regelt.

Frauenrechtsverletzungen in Deutschland

Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* ist die am weitesten verbreitete Menschenrechtsverletzung und auch in Deutschland alltäglich. Geschlechtsspezifische Gewalt betrifft dabei nicht alle Frauen* gleich: Besonders Frauen* mit Behinderungen, Migrant*innen, Asylsuchende, wohnungslose Frauen*, BIPoC Frauen*,Frauen* ohne Papiere oder trans* Frauen* erleben besonders häufig Mehrfachdiskriminierungen und Gewalt. Zugleich sind bestehende Unterstützungs- und Schutzstrukturen für sie weniger zugänglich. Auch für Personen mit diversen geschlechtlichen Identitäten und Körpern (etwa nicht-binäre oder intergeschlechtliche Menschen) sind Menschenrechtsverletzungen in Deutschland alltäglich: Für 2022 verzeichnet das Bundesinnenministerium 1422 queerfeindliche Fälle von Gewalt, Beleidigung oder Volksverhetzung.

Diskriminierung von Frauen* ist eine Menschenrechtsverletzung

Auch unabhängig von Gewalt verletzt jede Form der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der Geschlechtsidentität den wichtigen Grundsatz der Menschenrechte, dass alle Menschen dieselben unveräußerlichen Rechte innehaben und damit Anspruch auf Gleichberechtigung. Und doch erleben Frauen*, Mädchen* und Personen mit diversen geschlechtlichen Identitäten und Körpern immer wieder Diskriminierung und werden an ihrer politischen, sozialen und wirtschaftlichen Teilhabe gehindert.

Dies wird beispielsweise in der weiterhin großen Lohn- und Rentenlücke sichtbar, die eng mit ungleich verteilter Sorgearbeit, aber auch mit geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung zusammenhängt. Doch auch überkommene und stereotype Rollenbilder sind eine Ursache ungleicher Behandlung. In der letzten Leipziger Autoritarismus Studie von 2022 stimmte fast jede*r vierte Deutsche*r der Aussage zu, Frauen* würden sich in der Politik häufig lächerlich machen. 26,9 Prozent stimmten überein, dass Frauen* sich wieder mehr auf die Rolle als Ehefrau und Mutter besinnen sollten und 36 Prozent stimmten zu, dass Männer* einen rationaleren Blick auf die Dinge hätten als Frauen*.

Der Abbau solcher Einstellungen, die die gleichberechtigte Teilhabe und den gleichberechtigten Zugang zu Menschenrechten behindern, ist eine der Verpflichtungen, die sich für die Vertragsstaaten aus der Frauenrechtskonvention ergibt:

CEDAW ist „das erste und einzige Menschenrechtsübereinkommen, das die Vertragsstaaten verpflichtet, gesellschaftliche Einstellungen und kulturell bedingte Verhaltensmuster und Praktiken zu ändern oder abzuschaffen, die auf der Vorstellung der Minderwertigkeit oder Überlegenheit eines Geschlechts basieren“. Hanna Beate Schöpp-Schilling, von 1989–2008 deutsches Mitglied des Frauenrechtsausschusses der Vereinten Nationen (CEDAW-Ausschuss), zitiert nach dem Handbuch zu Frauenrechtskonvention des BMFSJ.

Die Frauenrechtskonvention verpflichtet damit zu einer de facto Gleichstellung, die über das Papier hinausgeht und in allen Lebensbereichen vollumfänglich umzusetzen ist. Dafür gibt es auch heute noch viel Handlungsbedarf.

Menschenrechte verwirklichen – auch in Deutschland

Sowohl im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens zur Umsetzung der Frauenrechtskonvention, als auch durch die Istanbul Konvention wird Deutschland immer wieder zum Handeln gegen Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen* aufgefordert. 

Ebenso besteht erheblicher Handlungsbedarf bei der Umsetzung weiterer Menschenrechtskonventionen wie der Behindertenrechtskonventionen und Kinderrechtskonventionen. So heißt es in den abschließende Bemerkungen zum 1. Staatenbericht im Rahmen der Behindertenrechtskonvention 2023: „Der Ausschuss ist besorgt über die ungenügenden Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Mehrfachdiskriminierung von Frauen und Mädchen mit Behinderungen, insbesondere von Migrantinnen und weiblichen Flüchtlingen“.

Umso wichtiger ist es also, für die Wahrung und den Schutz der Rechte marginalisierter Personen, wie Frauen*, Kinder, und Personen mit Fluchtgeschichte, Beeinträchtigungen oder diversen geschlechtlichen Identitäten und Körpern, einzutreten.

Deutschland muss seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen und die Menschenrechtskonventionen wie die UN-Frauenrechtskonvention CEDAW vollumfänglich umsetzen. Außerdem fordern wir, endlich die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer*innen und ihrer Familienangehörigen zu ratifizieren.