12.06.2024

Europawahlen 2024 – wie geht es nun weiter?

Am 9. Juni hat die Bevölkerung der Europäischen Union das Europäische Parlament (EP) gewählt. Dabei sind konservative sowie rechtspopulistische und -extreme Parteien und Fraktionen insgesamt gestärkt worden. Auch in Deutschland hat die AfD dazugewonnen, wenn auch nicht so deutlich, wie noch Anfang des Jahres prognostiziert. Was bedeutet dieser Rechtsruck für die Mehrheitsverhältnisse in der EU?

Die rechten Kräfte im EU-Parlament

Es gibt zwei rechte Fraktionen im EP: Die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), der unter anderem die als postfaschistisch geltende italienische Regierungspartei um Georgia Meloni angehört. Auch die AfD war bis zur Gründung der Fraktion Identität und Demokratie (ID) 2019 Mitglied dieser Parteienfamilie. Die in der vergangenen Legislaturperiode neu gegründete ID ist die zweitgrößte rechtsextreme Fraktion im EP. Ihr gehört unter anderem die französische Rassemblement National um Marine le Pen und die österreichische FPÖ an. Die AfD wurde während des Wahlkampfes aus der Fraktion ausgeschlossen, möchte nun aber neu über einen Wiedereintritt verhandeln.

Beide Fraktionen vereinen zusammen 131 Sitze und damit 18 Prozent der Stimmen. Die ID hat bereits vor der Wahl Interesse an einer Zusammenarbeit mit der EKR geäußert. Sie möchte die rechten Kräfte im EU-Parlament vereinen. Die europapolitisch etwas gemäßigter auftretende EKR hat bisher zurückhaltend auf diesen Vorschlag reagiert und scheint sich alle Optionen offen halten zu wollen.

Wahl zum Vorsitz der EU-Kommission

Auch wenn die beiden rechten Fraktionen Sitze dazugewonnen haben, ist die konservative Europäische Volkspartei (EVP), der auch CDU/CSU angehören, klare Wahlsiegerin. Mit knapp 26 Prozent der Stimmen ist sie stärkste Kraft und kann aller Wahrscheinlichkeit nach erneut die Kommissionspräsidentin stellen. Für eine zweite Amtszeit muss ihre Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen nicht nur die Staats- und Regierungschef*innen der EU überzeugen, sondern auch eine Mehrheit im EP hinter sich versammeln. Sie kann mit Sozialdemokrat*innen (S&D) und Liberalen (Renew Europe) zusammenarbeiten. Da es aber im EP keinen Fraktionszwang gibt, muss sie für eine sichere Mehrheit ggf. auch auf andere Parteien zugehen. Bisher hat die EVP um Ursula von der Leyen weder die Zusammenarbeit mit den Grünen noch mit der rechtspopulistischen EKR ausgeschlossen. Die deutsche Spitzenkandidatin der SPD, Katharina Barley, hat hingegen angekündigt, Ursula von der Leyen nicht als Kommissionspräsidentin zu bestätigen, sollte ihre Fraktion mit der EKR zusammenarbeiten.

Für ein Europa der Menschenrechte braucht es demokratische Mehrheiten

Klar ist: In jedem Fall werden Frauen- und Menschenrechte, reproduktive Selbstbestimmung und gleichstellungspolitische Fortschritte vom Rechtsruck im Europaparlament bedroht. Daher braucht es nun starke demokratische Allianzen und eindeutige Bekenntnisse aller demokratischen Abgeordneten zu menschenrechtlichen Verpflichtungen!