20.03.2025

Die Europäische Union – Wahrerin der Menschenrechte?

Die Koalitionsverhandlungen sind gerade in vollem Gange. Doch während alle auf die neue Bundesregierung schauen, tut sich auch auf europäischer Ebene einiges. Warum Katrin Langensiepen, Abgeordnete im Europäischen Parlament, zur abgesagten Antidiskriminierungsrichtlinie sagt: „Menschenrechte werden hiermit per Federstrich beerdigt.“

Die Nicht-Umsetzung der geplanten Antidiskriminierungsrichtlinie, die die „Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder sexuellen Ausrichtung“ sicherstellen soll und seit ganzen 16 Jahren vom Europäischen Rat blockiert wird, soll nun endgültig aus dem Programm der Europäischen Kommission genommen werden. Für den Menschenrechtsschutz in der EU ist dies ein fatales Signal. Ohne die Richtlinie fehlt es an verbindlichen Vorgaben zu Barrierefreiheit und Diskriminierungsschutz, welche auch für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention notwendig wären.

Auch die geplante Aufweichung der EU-Lieferkettenrichtlinie zeigt, dass der Schutz der Menschenrechte derzeit keine Priorität für die EU-Kommission hat. Die Reform sieht unter anderen vor, dass nur noch der erste Lieferant überprüft werden muss, zudem werden die Handlungsregeln zugunsten Betroffener abgeschafft. Damit wäre die Richtlinie näher am deutschen Lieferkettengesetz, das als unzureichend kritisiert wird. Deutschland ist gleichzeitig auch eine treibende Kraft hinter der Reform. Kommt es zu der Gesetzesänderung, können Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten nur unzureichend geahndet und transnationale Unternehmen nicht zur Verantwortung gezogen werden. Insbesondere Frauen* sind in globalen Lieferketten oft Menschenrechtsverletzungen und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. die Aufweichung der europäischen Lieferkettenrichtlinie wäre ein Rückschritt für Frauen- und Menschenrechte.

Auch für ihre Migrations- und Asylpolitik wird die EU seit Jahren von Menschenrechtsorganisationen und der UN kritisiert. Mit der aktuellen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) soll nun unter anderem eine Rückführungsverordnung verabschiedet werden, die Abschiebungen erleichtern soll. Laut Entwurf sollen zukünftig bis zu 24 Monate „Abschiebehaft“ für Asylsuchende möglich sein, zudem werden Rückführungsabkommen mit Drittstaaten zum Zweck externer „Rückführungszentren“ ermöglicht. Die Gefährdung von Menschenrechten ist hier immens, vor allem für Frauen*, die in großen Lagern und Gemeinschaftsunterkünften verstärkt geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind. Schutzstandards können in Drittstaaten noch niedriger sein als in der EU, ebenso wie die Anerkennungsquote geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund. Es besteht daher zusätzlich die Gefahr von Kettenabschiebung in Herkunftsländer.

Eigentlich ist die EU an die Charta der Grundrechte und die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden, doch in vielen Politikfeldern zeigen sich Widersprüche in der Praxis. Der Schutz der Menschenrechte steht oft hinter geopolitischen oder wirtschaftlichen Interessen zurück. Auch auf europäischer Ebene erstarken rechtsextreme und -populistische Parteien, und sind zunehmend in der Lage, politische Entscheidungen zu beeinflussen.

Gerade angesichts des internationalen Backlash muss die EU jetzt die Einhaltung der Menschenrechte priorisieren und sich aktiv für den Schutz vor Diskriminierung einsetzen. Die UN-Frauenrechtskonvention CEDAW muss als wesentlicher internationaler Rechtsrahmen für EU-Recht Beachtung finden.

Wir dürfen den Kampf für die Rechte und die Würde aller nicht vergessen – in Europa und weltweit.