Zum Weltflüchtlingstag – das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht
Angesichts aktueller Debatten und angekündigter Verschärfungen in der Migrationspolitik durch die neue Bundesregierung, erscheint es am Weltflüchtlingstag 2025 wichtiger denn je, das Recht auf Asyl zu verteidigen.
Aufgrund zahlreicher Krisen und Konflikte sind derzeit so viele Menschen auf der Flucht wie seit Jahren nicht, Mitte 2024 über 122 Millionen Menschen (vgl. Flüchtlingszahlen: Flüchtlinge weltweit – Global Trends). Das entspricht der Bevölkerungszahl von Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden zusammen. Der Großteil der gewaltsam Vertriebenen bleibt dabei im Herkunftsland (sog. Binnenflüchtlinge), oder in Nachbarstaaten.
Das liegt auch daran, dass es kaum legale und sichere Wege der Fluchtmigration in andere Regionen gibt. Auch die Europäische Union bemüht sich darum, für Vertriebene möglichst unerreichbar zu bleiben. Seit der letzten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sind beschleunigte Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vorgesehen. Insbesondere Menschen aus Ländern mit geringen Anerkennungsquoten dürfen nun bis zu 12 Wochen in Lagern an den Außengrenzen festgehalten werden. Zudem werden mehr Staaten als „sichere Drittstaaten“ eingestuft und es gibt weitreichende Ausnahmeregelungen für „Krisensituationen“.
Die neue Bundesregierung hat bereits vor ihrem Amtsantritt angekündigt, die Migrationspolitik zu verschärfen, unter anderem durch Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, auch wenn zuvor ein Asylantrag gestellt wurde. Dass diese Praxis rechtswidrig ist, hat kürzlich erst das Berliner Verwaltungsgericht festgestellt (Gericht erklärt Zurückweisung Asylsuchender hinter Grenze für rechtswidrig | tagesschau.de). Ohne eine Anwendung des EU-Dublin-Verfahrens dürfen keine Menschen an den innereuropäischen Grenzen abgewiesen werden.
Das Recht, in anderen Ländern Asyl zu beantragen, ist nicht nur europarechtlich, sondern auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Artikel 14, festgehalten. Spezifiziert wird es durch die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), die aufgrund der Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs verfasst wurde, und damit auch eine Konsequenz aus der deutschen NS-Geschichte ist. Dort ist unter anderem das sogenannte Gebot der Nichtzurückweisung festgehalten, das verhindern soll, dass Asylsuchende in Länder zurückgewiesen werden, in denen ihnen Verfolgung oder unmenschliche Behandlung droht. Dass das eine Verpflichtung ist, bei der auch geschlechtsspezifische Verfolgung und Gewalt Berücksichtigung finden muss, hat der UN-CEDAW-Ausschuss deutlich gemacht:
„Die Vertragsstaaten sollten Rechtsvorschriften und andere Maßnahmen erlassen, um den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit den bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen zu wahren und sicherzustellen, dass die Opfer schwerwiegender Formen der Diskriminierung, einschließlich geschlechtsspezifischer Formen der Verfolgung, unabhängig von ihrem Status oder Wohnsitz unter keinen Umständen in ein Land zurückgeführt werden, in dem ihr Leben gefährdet wäre oder in dem sie möglicherweise schwerwiegenden Formen der Diskriminierung, einschließlich geschlechtsspezifischer Gewalt, Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt sind.“
Allgemeine Empfehlung des CEDAW-Ausschusses Nr. 32
Wenn Frauen fliehen, tun sie das genauso oft wie Männer vor Krieg, Verfolgung, Umweltkatastrophen oder anderen Entwicklungen, die ihnen ein Bleiben verunmöglichen. Allerdings kommen oft geschlechtsspezifische Gründe wie drohende Genitalverstümmelung oder Zwangsverheiratung hinzu (Friedrich-Ebert-Stiftung). Auch LGBTIQ*-Personen fliehen häufig vor geschlechtsspezifischer Gewalt und Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität.
Einen Tag vor dem Weltflüchtlingstag, am 19. Juni, findet jährlich der Welttag gegen sexualisierte Gewalt in Konflikten statt. Er soll darauf aufmerksam zu machen, dass Vergewaltigungen und andere sexuelle Straftaten in bewaffneten Auseinandersetzungen gezielt als Mittel der Kriegsführung eingesetzt werden, obwohl sie in verschiedenen UN-Resolutionen wiederholt geächtet wurden (Die Resolution 1325 mit der Agenda „Frauen, Frieden Und Sicherheit“ – UN Women Deutschland).
Die erlebte oder angedrohte Gewalt wird zur Fluchtursache, aber auch auf der Flucht besteht ein besonders hohes Risiko, sexualisierte oder geschlechtsspezifische Gewalt zu erleben, insbesondere für Frauen und LGBTIQ*-Personen. Da geschlechtsspezifische Fluchtursachen von den deutschen Behörden oftmals nicht anerkannt werden, droht vielen von ihnen zudem die Zurückweisung in gewaltvolle Zusammenhänge (Bündnis Istanbul-Konvention, S. 181ff).
Und auch in Deutschland müssen geflüchtete Menschen oft auf sehr engem Raum mit fremden Personen unter teils schlechten hygienischen Bedingungen zusammenleben. Da in Deutschland die Mehrheit der geflüchteten Menschen männlich ist, kann das sehr schwer sein für Frauen, aber auch für trans*- inter- oder nicht-binäre Personen, insbesondere, wenn sie sexualisierte Gewalt auf der Flucht erlebt haben (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). Zudem kommt es regelmäßig zu Gewalt durch Mitbewohner oder Sicherheitspersonal. Die Frauenhaus Koordinierung e.V. bemängelt fehlende Gewaltschutzkonzepte und Beschwerdesysteme in Unterkünften für Geflüchtete. Doch statt für Verbesserungen im Bereich Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten zu sorgen, werden immer neue Asylrechtsverschärfungen angekündigt. Auch unter der wiederholten Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte werden aller Voraussicht nach besonders Frauen und Kinder leiden.
Grundlegende Menschenrechte politischen Interessen unterzuordnen, ist ein gefährlicher Trend, unter dem besonders vulnerable Gruppen leiden. Schutz und ein menschenrechtskonformer Umgang mit geflüchteten und migrierenden Menschen müssen zentraler Bestandteil deutscher Innenpolitik werden. Denn Menschenrechte sind keine Verhandlungssache!