Ausbeutung stoppen! Menschenhandel ist eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung
Am 30. Juni ist der Welttag gegen Menschenhandel. Eine Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, dass es sich dabei um eine gravierende Menschenrechtsverletzung handelt, die in besonderem Maße Frauen und Mädchen trifft.
Gemäß dem Palermo-Protokoll der Vereinten Nationen umfasst Menschenhandel die Anwerbung, Beförderung oder Aufnahme von Personen unter Anwendung von Zwang, Täuschung oder Machtmissbrauch mit dem Ziel der Ausbeutung. Dies schließt Zwangsprostitution, Arbeitsausbeutung, Sklaverei oder Sklaverei-ähnliche Praktiken ein. In Deutschland sind diese Handlungen strafbar und in den §§ 232 bis 233a Strafgesetzbuch geregelt – darunter Zwangsprostitution (§ 232a) und Arbeitsausbeutung (§ 232b). (FIM 2025)
Geschlechterverhältnisse und Betroffenengruppen
Weltweit sind etwa 75 % der Opfer von Menschenhandel Frauen und Mädchen. Besonders gravierend ist die geschlechtsspezifische Ausprägung im Bereich der sexuellen Ausbeutung: Über 90 % der Betroffenen im Bereich der Zwangsprostitution sind weiblich. Besonders häufig betroffen sind Migrant*innen, Geflüchtete sowie junge Frauen aus ökonomisch benachteiligten Verhältnissen. (FIM 2025)
Formen der Ausbeutung – Sexualisierte Gewalt, Zwangsarbeit und moderne Sklaverei
Sexuelle Ausbeutung ist eine zentrale Erscheinungsform des Menschenhandels. Sie umfasst Zwang zur Prostitution, Kontrolle durch Dritte, Schuldenfallen sowie physische und psychische Gewalt. Viele Betroffene berichten bereits vor dem Einstieg in die Prostitution von Missbrauchs-, Gewalt- oder Gefängniserfahrungen. Auch wenn Zwangsprostitution in Deutschland seit 1973 strafbar ist, wurden klare gesetzliche Regelungen erst im Jahr 2016 eingeführt. (KOK 2025)
Frauen sind auch im Bereich der Arbeitsausbeutung gefährdet, etwa in der Pflege, in Privathaushalten oder der Reinigungsbranche. Dort erfahren sie häufig zusätzlich sexualisierte Gewalt. Auch die Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, das Baugewerbe, das Schaustellergewerbe, die Transportbranche oder die Gastronomie profitieren oft von Formen des Menschenhandels. Weitere Formen des Menschenhandels betreffen das Erzwingen von Bettelei, kriminellen Handlungen oder Leihmutterschaft. (Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben 2025)
Rekrutierungsmethoden – Manipulation durch Vertrauen
Täter*innen nutzen gezielt Methoden, um ihre Opfer in Abhängigkeit zu bringen. Ein Beispiel ist die sogenannte Loverboy-Methode, bei der junge Frauen durch emotionale Bindung manipuliert und später zur Prostitution gezwungen werden. Auch gefälschte Job- oder Heiratsangebote – besonders im Kontext von Migration aus Osteuropa – dienen als häufige Rekrutierungsstrategien. (FIM 2025)
Der Kampf gegen Menschenhandel
Zivilgesellschaftliche Organisationen leisten seit Jahren unverzichtbare Arbeit im Opferschutz und in der politischen Aufklärung. Sie fordern vielfältige Maßnahmen zum besseren Schutz von Betroffenen, eine bundesweite Datenerhebung, Schutzzeiten, gesicherte Aufenthaltsrechte, Entschädigungen und eine verlässliche Finanzierung der Fachberatungsstellen.
Der KOK e. V. ist das bundesweite Netzwerk spezialisierter Fachberatungsstellen gegen Menschenhandel. Auch er fordert einen besseren Schutz für Betroffene, u.a. Aufenthaltsrecht unabhängig von der Aussagebereitschaft im Strafprozess, Schutz vor Bestrafung für Handlungen, zu denen Betroffene gezwungen wurden (Non-Punishment Principle) und Zugang zu spezialisierten, flächendeckenden, barrierefreien Schutz- und Beratungsangeboten. Außerdem fordert das Netzwerk eine unabhängige nationale Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Menschenhandel.
Was braucht es aus der Geschlechterperspektive?
Der effektive Kampf gegen Menschenhandel erfordert einen intersektionalen, geschlechtersensiblen Ansatz. Wir fordern daher:
- Einrichtung einer politischen Koordinierungsstelle auf Bundesebene
- Langfristige Finanzierung und Ausbau von Beratungsstellen für Betroffene
- Einheitliche gesetzliche Regelungen, die Betroffenen Zugang zu Schutz und Leistungen ermöglichen
- Bessere Identifikation von Betroffenen und vereinfachter Zugang zu Unterstützung
- Verpflichtende Schulungen zu Menschenhandel für Justiz und Polizei
- Präventive Maßnahmen, insbesondere durch erleichterten Zugang zu legaler Arbeit und sozialer Absicherung für Migrant*innen