22.09.2025

Frauenrechte gelten für alle und überall!

Stellungnahme zum Zwischenbericht der Bundesregierung

Anlässlich des Zwischenberichts der Bundesregierung, den diese Ende Mai beim CEDAW-Ausschuss eingereicht hat, hat die CEDAW-Allianz Deutschland eine Stellungnahme zur politischen Beteiligung und zur Gesundheitsversorgung von Frauen in Deutschland beim CEDAW-Ausschuss der Vereinten Nationen eingereicht.

Der Zwischenbericht ist im Rahmen der sogenannten „follow-up procedure“ des Staatenberichtsverfahrens entstanden. Dabei legt der CEDAW-Ausschuss bestimmte – als besonders wichtig eingeschätzte – Themen fest, zu denen die Mitgliedsstaaten gesondert Stellung beziehen und den Fortschritt in diesen Bereichen erläutern müssen.

2023 hat der CEDAW-Ausschuss die Bundesregierung in seinen Abschließenden Bemerkungen aufgefordert, unter anderem zu den Themen „Frauen in gewählten Entscheidungsgremien“ und „Zugang zu Gesundheitsversorgung von Frauen ohne oder mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus“ Stellung zu beziehen.

Diese Gelegenheit hat die CEDAW-Allianz genutzt, um ihre Forderungen nach einer umfassenden politischen Beteiligung von Frauen und einer Streichung des § 87 im Aufenthaltsgesetz zu wiederholen.

Frauen in gewählten Entscheidungsgremien

Immer noch sind Frauen in allen deutschen Parlamenten in der Minderheit, ihr Anteil ist sogar rückläufig. Daher hat der CEDAW-Ausschuss der Bundesregierung empfohlen, sich vermehrt um eine gleichberechtigte Teilhabe auf allen Ebenen zu bemühen, unter anderem durch die Ermöglichung von Paritätsgesetzen. Auch die CEDAW-Allianz fordert, die Ergebnisse der letzten Wahlrechtskommission endlich umzusetzen und ein paritätisches Wahlrecht auf allen Ebenen zu verankern.

„Die Gesetzgeber für Bund und Länder müssen in den jeweiligen Wahlgesetzen Regelungen treffen, die im Ergebnis zu Parität bei den Bundestagswahlen, den Landtagswahlen und den Kommunalwahlen führen.“

Aus der Stellungnahme der CEDAW-Allianz

Auch in der Wirtschaft braucht es mehr Beteiligung von Frauen, das FührungspositionenGesetz II sollte zu diesem Zweck ausgeweitet werden.

Neben gesetzlichen Vorgaben sind weitere Maßnahmen nötig, um das Recht auf politische Beteiligung zu verwirklichen: Sorgearbeit muss endlich als Normalfall anerkannt und in den Arbeitsbedingungen politischer Entscheidungsgremien Berücksichtigung finden. Frauenrechtsorganisationen müssen befähigt werden, sich aktiv an der Planung, Umsetzung und Evaluation politischer Maßnahmen zu beteiligen, etwa durch institutionalisierte Konsultationsprozesse und eine hinreichende finanzielle Förderung. Das hat auch der CEDAW-Ausschuss in seiner aktuellen Allgemeinen Empfehlung betont.

Um eine wirkungsvolle Paritätsgesetzgebung in Deutschland zu verankern, braucht es zudem auch ein besseres Bewusstsein für die Maßgaben der UN-Frauenrechtskonvention in der Justiz. Die CEDAW-Allianz bekräftigt daher die Empfehlung des Ausschusses und fordert, „die Judikative auf die UN-Frauenrechtskonvention und die geforderte Parität hinzuweisen und darüber zu unterrichten, dass Behörden und Gerichte bei Einzelfallentscheidungen die Frauenrechtskonvention als Bestandteil des deutschen Rechts zu berücksichtigen haben.“

Zugang zu Gesundheitsversorgung von Frauen ohne oder mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus

Ein weiteres Thema, das den CEDAW-Ausschuss als besonders schwerwiegende Gefährdung der Frauenrechte beschäftigt, ist die Meldepflicht in § 87 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Dieser legt fest, dass öffentliche Stellen verpflichtet sind, Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel an die Ausländerbehörde zu melden. Für medizinische Leistungen, die auch Frauen ohne geregelten Aufenthaltstitel zustehen, muss aber ein Behandlungsschein vom Sozialamt ausgestellt werden. Da viele Betroffene Sorge vor Abschiebung haben, wenn sie in Kontakt mit den Behörden treten, verzichten sie oft auf dringend benötigte medizinische Leistungen – auch während der Schwangerschaft, bei chronischen Krankheiten oder nach sexualisierter Gewalt.

Die Datenübermittlungspflicht nach § 87 AufenthG kann zudem zur Folge haben, dass sich Frauen ohne gültigen Aufenthaltstitel auch in Fällen der Ausbeutung und/oder (sexualisierten) Gewalt nicht an staatliche Stellen wenden. Dadurch wird faktisch nicht nur der Zugang zur Gesundheitsversorgung, sondern auch zu Schutz, Gerichtsbarkeit und zu effektiven Beschwerdemechanismen erheblich erschwert bzw. verwehrt.

Daher hat der CEDAW-Ausschuss die Bundesregierung bereits wiederholt aufgefordert, den entsprechenden Paragrafen abzuschaffen oder zumindest so zu reformieren, dass das Recht auf Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Frauen in Deutschland sichergestellt ist.

Diese Forderungen bekräftigt die CEDAW-Allianz in ihrer Stellungnahme:

„Es braucht eine sofortige Streichung des § 87 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Mindestens aber muss dieser umfassend reformiert werden, um den Zugang zu Gesundheitsversorgung und rechtlichem Schutz für Frauen ohne geregelten Aufenthaltstitel sicherzustellen und menschenrechtlichen Standards gerecht zu werden. Dabei müssen die Lebensrealitäten von migrierten, geflüchteten und LGBTQI*-Personen ausdrücklich berücksichtigt werden – unter anderem durch die systematische Einbeziehung migrantischer und feministischer Organisationen in den Reformprozess.“

Wie es nun weitergeht

Da der CEDAW-Ausschuss den Zwischenbericht der Bundesregierung fristgemäß erhalten hat, wird er den Fortschritt nun – unter Berücksichtigung der zivilgesellschaftlichen Eingaben – diskutieren und seine Bewertung anschließend postalisch an die ständige Vertretung Deutschlands bei den UN weitergeben. Die Ergebnisse werden im kommenden Staatenberichtsverfahren aufgegriffen, um sicherzustellen, dass die Bundesregierung den Ausschuss-Empfehlungen Beachtung schenkt.